Woyzeck

von Georg Büchner

Woyzeck steht ganz unten in der Gesellschaft. Um seine Freundin Marie und das gemeinsame Kind überhaupt versorgen zu können, nimmt Woyzeck jede Gelegenheitsarbeit an, die sich ihm bietet. Er rasiert regelmäßig seinen Hauptmann und lässt sich im Rahmen eines äußerst fragwürdigen medizinischen Experiments vom Doktor auf Erbsen-Diät setzen. Gehetzt, getrieben und gequält, scheint Woyzeck bald mehr dressiertes Tier als freier Mensch zu sein. Auch Marie leidet an ihrer Situation und wirft sich für ein paar Ohrringe dem Tambourmajor an den Hals. Daraufhin verliert sich Woyzeck in ausweglosen Fantasien, bis er es nicht mehr aushält und sich ein Messer besorgt.

Das Dramenfragment aus dem Nachlass des bereits im Alter von nur 23 Jahren verstorbenen Georg Büchner gilt als eines der einflussreichsten Werke der Theaterliteratur in deutscher Sprache.

Ausgezeichnet mit dem Monica-Bleibtreu-Preis 2023 bei den Hamburger Privattheatertagen in der Kategorie (moderner) Klassiker

Es spielen: Rino Hosennen, Hannah Im Hof, Luca Zahn
Regie: Edith Ehrhardt
Dramaturgie: Franz Xaver Ott
Ausstattung: Barbara Fumian
Musik: Julia Klomfass
Fotos: Richard Becker
Premiere: 23. Feb.2023
Dauer: 80 Minuten
Programmheft: Woyzeck-Programmheft PDF

Die Aufführung ist geeignet für die große Bühne und für Schulen. Auf Wunsch bieten wir für Schulen auch ein Streamingformat an.

Pressestimmen

  • Woyzeck ist der Urtyp des Sozialdramas. Das macht das Stück bis heute zu einem der meistgespielten Klassiker der Moderne. Dem Theater Lindenhof gelingt es, Woyzeck geschickt in die Gegenwart zu übertragen. Regisseurin Edith Ehrhardt zeichnet das Bild eines sich in Verschwörungstheorien verzettelnden Subjekts, wie es auch auf sich radikalisierende Islamisten oder Rechtsextremisten zutreffen kann. Ein Opfer wird zum Täter und Marie wird von Woyzeck zum Opfer gemacht. Einen großen Anteil am Gelingen der Inszenierung hat Theaterkomponistin Julia Klomfaß, die mit viel Rhythmik und sphärischen Klängen das Drama mit einem spannenden und klanglich fesselnden Soundtrack unterlegt hat. In ihrer komprimierten Inszenierung genügten der Regisseurin drei Schauspielende für die rund ein Dutzend Rollen. Bis auf Marie wurden alle Rollen von allen drei Darstellern alternierend gespielt. Die Entpersonalisierung verlagerte auch den Blick weg von der Person hin auf die Sache und die Verallgemeinerung. Nur Marie blieb als Figur im Fokus.

    Beverunger Rundschau, 11.11.2024
  • Mit den vielen jungen Menschen im Publikum, den Szenefolgen kurz wie Videoclips und Schauspielern in ihren Mittzwanzigern wirkt es wie ein weiteres, unbewusstes Signal: Das hier könnte heute sein, ist jung und gegenwärtig. Es spielt vielleicht in deinem Kaff. Diese Inszenierung sagt: Alles da. In diesem Stück. Immer. Auch Mann erstickt Frau. Eine Beziehungstat. Die Inszenierung hat Charme, Witz und Tempo. Das todtraurige Mädchen als kleines Püppelspiel. Ein Affenkopf. Jahrmarktgeräusche. Raus aus den weißen Arztkitteln, rein in die Tambourmajor-Glitzerjacken. Raus aus der Doktorarroganz, rein in die Welt der armen Leut', einer Marie, eines Woyzeck. Das sind logistische, kostümtechnische und vor allem geistig-seelische Marathons in Wimpernschlagzeit. So hat jeder Schauspieler nicht nur seine Rolle, sondern das gesamte Drama in sich, aus jeder Perspektive. Es sind bange, wütend machende Szenen dabei, Marie allein und überfordert mit dem Baby, Woyzeck, dem die Welt auseinander fällt, alles Hohl, sogar dem Bühnenbild fallen die Buchstaben wie Zähne aus. In Büchners Werk sind Marx und Freud ja schon vorgezeichnet, die soziale Deklassierung und die bürgerliche Kunst, das eigene Privileg als Recht wahrzunehmen. Doch was ihn wirklich zu einem Zeitgenossen macht, ist dieser Dreiklang aus revolutionärer Wut, Fatalismus und Sympathie für die Gedemütigten. Wenn man da drei junge, enthusiastische Menschen auf der Bühne hat, ist es ein großes Glück. (Peter Ertle)
    Schwäbisches Tagblatt, 27.02.2023
  • Die Titelfigur – Woyzeck – ist in Edith Ehrhardts Inszenierung des gleichnamigen Dramenfragments von Georg Büchner am Theater Lindenhof nicht leicht zu fassen. Die ihr zugewiesene gesellschaftliche Rolle aber schon. Rino Hosennen, Hannah Im Hof und Luca Zahn spielen den Part im fliegenden Wechsel, wobei Hannah Im Hof zugleich Woyzecks geliebte Marie verkörpert – und weitere Rollen wie Woyzecks Kameraden Andres oder eine Wissenschaftlerin. Das soll beim Publikum nicht für Verwirrung sorgen – tut es in der Regel auch nicht - , sondern die Lage Woyzecks deutlich machen, die ein Stück weit unabhängig von der Person ist. Jeder und jede, so die Auffassung der Regisseurin kann wie Woyzeck in den Mühlen einer unmenschlichen Ordnung zerrieben werden. Dass nur zwei Schauspieler und eine Schauspielerin hier alle Rollen übernehmen, auch als dreifacher Woyzeck agieren, macht es schwierig, einzelne Figuren im Stück zu dämonisieren. Zu schnell wechseln die Personen auf der Bühne. Umso mehr wird der Blick auf die Gesamtkonstellation, die gesellschaftlichen Missstände gelenkt. […] Als großes Plus der Inszenierung erweist sich das hinreißend agierende junge Schauspielertrio, das aberwitzig schnell und überzeugend zwischen den Rollen switcht. (Christoph Ströhle)
    Reutlinger Generalanzeiger, 25.02.2023