Je höher sich das schmal Sträßlein zum Himmelberg hinaufwindet, desto mehr verwandelt sich das Ganze in einen surrealen Trip. Aus dem Busradio tönt trostloses Liedgut von Schubert: „ Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh` ich wieder aus“. Irgendwo draußen zieht wie in Zeitlupe ein einzelner Reiter vorbei. Oben angekommen, eröffnet sich den Reisenden ein grandioses Panorama: die weite, harte Alb. Schwäbisch-Sibirien, mit eisigen Böen und klirrender Kälte. Unter den riesigen Windrädern kann nun der Theaterspaziergang über die Weiten des Himmelbergs beginnen, eine Schneewanderung vorbei an szenischen Stationen, die von Flucht und Vertreibung künden: die „Melchinger Winterreise“. (…) [D]ie neue „Melchinger Winterreise“ will keine coole Analyse globaler Migrationsströme sein, sondern Theater mit Zuversicht, allen Ängsten zum Trotz. Biermeiers Neuinszenierung ist vieles zugleich: Zeitreise, Härtling-Autobiografie, ein Gang durch die Geschichte von Flucht und Vertreibung. Aber auch Traumspiel, Schubertiade, Integrationsfest und konkrete Utopie. (Michael Mailänder)